04. November 2024
Klimakrise und Straßenverkehr

Wie nachhaltig sind Elektroautos?

Elektroautos gelten als umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen Verbrennungsmotoren, deren CO₂-Bilanz über den gesamten Lebenszyklus schlechter ausfällt. Dennoch bestehen Zweifel an der tatsächlichen Nachhaltigkeit von E-Autos. Eine Analyse zeigt, dass einige Bauteile erhebliche Umweltauswirkungen haben.

Der Straßenverkehr beeinflusst die Klimakrise maßgeblich: Laut Statistischem Bundesamt setzten Fahrzeuge in der EU im Jahr 2021 etwa 740 Millionen Tonnen CO₂ frei, zwei Drittel davon stammten von PKW und Motorrädern. Allerdings stammen diese Zahlen aus der Corona-Pandemie, als weniger Verkehr herrschte. 2019 lag der EU-weite CO₂-Ausstoß mit 824,9 Millionen Tonnen deutlich höher. Trotz effizienterer Motoren stiegen die CO₂-Emissionen seit 1990 um mehr als 20%, was auf die gestiegene Zahl an Fahrzeugen zurückgeführt werden kann.

Das goldene Zeitalter der Elektromobilität

Elektromobilität wird daher zunehmend als Lösung für Klimaprobleme diskutiert. Vor diesem Hintergrund ist auch das Interesse an E-Autos in den letzten Jahren gestiegen, da sie als umweltfreundlicher gelten, insbesondere was die Reduktion von CO₂-Emissionen betrifft. Die Idee ist jedoch nicht neu: Zwischen 1900 und 1920 erlebte Elektromobilität seine Blütezeit, mit über 33.000 registrierten Elektroautos in den USA im Jahr 1912. Die Erfindung des Anlassers für Verbrennungsmotoren und deren größere Reichweite führten jedoch zum Durchbruch des Verbrennungsmotors. Politische Entscheidungen und Krisen, wie die Ölpreiskrise 1973, förderten kompaktere Fahrzeuge mit geringerem Verbrauch. Ab den 1990er Jahren wurden zudem Diesel-Fahrzeuge subventioniert, um CO₂-Emissionen zu senken, doch erwiesen sich diese Autos wegen Ruß und Stickoxiden als klimaschädlicher.

Pro und Contra Elektromobilität

Befürworter:innen der Elektromobilität betonen die Reduzierung von CO₂-Emissionen und die Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Kritiker:innen hinterfragen die Umweltfreundlichkeit, wenn man Produktion, Wartung, Ladeinfrastruktur und Entsorgung berücksichtigt. Die zentrale Frage lautet daher: Wie nachhaltig ist Elektromobilität wirklich?

Was bedeutet Nachhaltigkeit in der Elektromobilität?

Nachhaltigkeit umfasst mehr als nur die CO₂-Emissionen während der Fahrt. Sie betrachtet alle Aspekte der Produktion, Nutzung und Entsorgung eines Fahrzeugs. Um herauszufinden, welche Bestandteile des Elektromotors die größten Umweltauswirkungen verursachen, wurden im Rahmen eines Masterprojekts daher Methoden der Lebenszyklusanalyse angewendet. Dabei konzentrierte sich die Analyse auf ökologische und technische Faktoren. Soziale und moralische Dimensionen wurden bewusst ausgeklammert, da sie schwer quantifizierbar sind.

Wie misst man Nachhaltigkeit?

Um die Umweltauswirkungen eines Elektromotors zu erfassen und zu bewerten, wurden Kriterien wie Energieverbrauch, Treibhausgasemissionen und Ressourcennutzung benutzt. Damit lässt sich die gesamte Wertschöpfungskette von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung analysieren. Diese Lebenszyklusanalyse ermöglicht den Vergleich verschiedener Antriebsarten wie Elektro-, Verbrennungs- und Brennstoffzellenantriebe.

Der Fokus der Analyse lag dabei auf den Umweltauswirkungen des Produktionsprozesses einer permanentmagneterregten Synchronmaschine (PMSM) für Elektroautos. Die PMSM ist ein elektrischer Motor, der in Elektroautos verwendet wird. Das Besondere an der PMSM ist, dass sie sehr effizient arbeitet, was bedeutet, dass sie weniger Energie im Vergleich zu anderen Motortypen verbraucht, um die gleiche Leistung zu erzielen. Dadurch kann das Elektroauto länger fahren, ohne dass die Batterie aufgeladen werden muss.

Aluminium und Seltene Erden als Belastungsfaktoren

Ein zentrales Ergebnis der Untersuchung ist, dass die größten Umweltbelastungen durch die Verwendung von Seltenen Erden wie Neodym und Dysprosium in den Permanentmagneten des Motors entstehen. Obwohl lediglich etwa 1 Kilo dieser Metalle benötigt wird, verursachen deren Gewinnung und Verarbeitung erhebliche ökologische Schäden. Besonders der Abbau in China und der dortige Strommix, der zu einem Großteil aus Kohle besteht, verschärfen die Umweltfolgen.

Auch die Aluminiumproduktion, die für das Motorgehäuse verwendet wird, zeigte sich als energieintensiv. Besonders der Abbau und die Verarbeitung von Aluminium verursachen hohe CO₂-Emissionen.

Herausforderung Stromquelle

Der Strommix, mit dem Elektroautos geladen werden, spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle bei der Ökobilanz. In Regionen, in denen die Stromversorgung noch stark auf fossilen Energieträgern basiert, fällt die Umweltbilanz von E-Autos deutlich schlechter aus als in Ländern mit einem hohen Anteil erneuerbarer Energien. Wird das Elektroauto nicht mit 100% erneuerbaren Energien betrieben, trägt der Stromverbrauch zur Bildung von Treibhausgasen bei.

Fazit: Schrittweise Optimierung von Nachhaltigkeit möglich

Die Untersuchung zielte darauf ab, sogenannte „Hotspots“ zu identifizieren – also jene Bauteile des Motors, die besonders umweltschädlich sind. Dabei zeigte sich, dass Elektromobilität, obwohl sie eine klimafreundlichere Alternative zum Verbrennungsmotor darstellt, in der Produktionsphase noch erhebliches Verbesserungspotenzial aufweist. Insbesondere der hohe Energieverbrauch und die problematische Rohstoffgewinnung verursachen ökologische Schäden. Vor diesem Hintergrund kann das ökologische Potenzial der Elektromobilität weiter gesteigert werden, wenn die Herausforderungen, die mit der Gewinnung von Rohstoffen und der Energieintensität der Produktion verbunden sind, angegangen werden. Schritte in Richtung umweltfreundlicherer Produktionsprozesse und der Einsatz von erneuerbaren Energien könnten die Gesamtbilanz daher deutlich verbessern.

Infos

Das Masterprojekt

Die vorgestellten Ergebnisse basieren auf einer Studie, die im Rahmen des Masterprojektes von Rafael Dygant im Studiengang Elektrotechnik durchgeführt wurde.

Betreuerin: Prof. Dr. Anna-Lena Menn

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Rafael Dygant

Rafael Dygant, geboren 2001 in Köln, begeisterte sich schon früh für Mobilität und Elektrotechnik. Sein Interesse führte ihn 2021 zu einem Praxissemester bei einem Unternehmen, das Anlagen zur Qualitätskontrolle von Verbrennungsmotoren entwickelt. Dort sammelte er erste Einblicke in die Industrie und erhielt ein tieferes Verständnis für die Technik. Während eines Masterprojekts lernte er schließlich die Welt der Elektromobilität kennen und entdeckte seine Faszination für PMSM-Motoren. Seitdem möchte er sein Wissen in diesem Bereich weiter vertiefen und die Zukunft der Mobilität aktiv mitgestalten.